Übersetzung und Anpassung


Das Original auf Italienisch wurde von Maren Paetzold ins Deutsche übertragen  professionelle Übersetzerin für Italienisch-Deutsch mit Schwerpunkt Architektur.

 

Italienische Redewendungen: was bei einer Übersetzung ins Deutsche gefragt ist

Redewendungen faszinieren mich, weil sie veranschaulichen, wie eng feste Wortverbindungen mit der Kultur eines Landes verbunden sind, und weil sie in der Übersetzung immer eine Herausforderung sind! Die Sprachwissenschaft kennt für diese Form idiomatischer Wendungen mehrere Begriffe: Redewendung, sprichwörtliche Redensart, Phrasem oder Idiom.

 

Wer sie nicht erkennt, übersetzt sie womöglich wortwörtlich oder interpretiert sie falsch und riskiert so, eine ganz klägliche Figur abzugeben oder gar Verwirrung zu stiften.

 

Und wo passiert das immer wieder? Mit Google Translate und DeepL!

 

 

So übersetzt hat es weder Hand noch Fuß.

Redewendungen übersetzen – viel mehr als Wörter übertragen

 

Ganz gleich, wie feste Wortverbindungen daherkommen – als Redensart, Floskel oder idiomatischer Ausdruck: Eine wörtliche Wiedergabe wird in die Irre führen, denn sprachspezifische Wendungen fordern eine sinngemäße Übertragung. Ist eine bestimmte Redewendung unbekannt, wird es kaum möglich sein, den Sinn zu erfassen.

 

Der Ursprung stehender Wortverbindungen liegt in der Geschichte und der Kultur einer Sprache. Oft finden sich Bezüge zu historischen Ereignissen oder alten Bräuchen, aber ebenso zu Religion, Mythologie oder Legenden. Muttersprachler haben Redewendungen in die Wiege gelegt bekommen und verwenden sie in den meisten Fällen in korrekter Fügung – ohne dass sie das Zustandekommen kennen müssen.

 

Wenn es um die Übersetzung geht, gilt es, diese Wortverbindungen überhaupt zu erkennen, sich nicht in die Irre leiten zu lassen, die Bedeutung zu ergründen und mit Funktion und Stil behutsam umzugehen. Dabei stellt sich natürlich auch die Frage, ob es eine Entsprechung gibt oder ob frei zu übertragen ist.

 

 

Ähnlicher Wortlaut – analoge Redewendungen auf Deutsch und Italienisch

Vergleicht man das Deutsche und das Italienische, zwei Sprachen, die einem ähnlichen Kulturraum angehören, finden sich viele quasi gleichlautende feste Wendungen. Diese gehen auf einen gemeinsamen Ursprung zurück und lassen keinen Spielraum in einer Übersetzung zu – es ist exakt die verfestigte Verbindung gefragt.
Das lässt sich an diesen bekannten Wortverbindungen gut ablesen:

 

Nascondere la testa sotto la sabbia              Den Kopf in den Sand stecken 
                            

Mettere la mano sul fuoco                              Die Hand ins Feuer legen
                             

Stringere la cinghia                                           Den Gürtel enger schnallen
                                

Essere tutt’orecchi                                            Ganz Ohr sein
                                                         

Appizzare le orecchie                                      Die Ohren spitzen
                                                   

Essere la pecora nera                                      Das schwarze Schaf sein
 
Perdere il filo                                                     Den Faden verlieren

                                        

10 italienische Redewendungen, die auf Deutsch gänzlich anders lauten

Trotz der geografischen und kulturellen Nähe gibt es im Italienischen zahlreiche Redewendungen, die keine direkte Entsprechung im Deutschen haben – und umgekehrt. In vielen Fällen ist es jedoch möglich, eine Wendung im Deutschen zu wählen, die zwar gänzlich anders klingt, aber die inhaltliche oder bildliche Aussage ebenso transportieren kann.

 

Bei meinen Übersetzungen, in der Lektüre oder auch im Alltag begegnen mir viele Redewendungen. Irgendwann fing ich an, über diese nachzudenken und sie zu sammeln: zum einen typische feste Wendungen, zum anderen seltsame Redensarten, die ich vorher noch nie gehört hatte.

 

1) Cadere dalla padella nella brace

 

Wortwörtlich: aus der Pfanne in die Glut fallen
Bedeutung: aus einer schwierigen oder unangenehmen Situation in eine noch unangenehmere geraten.

Ursprung: Das geht auf eine Anekdote über einen kleinen Fisch zurück, der noch lebend in eine Frittierpfanne gegeben wurde. Sobald er die Hitze des siedenden Öls spürte, sprang er heraus, fiel jedoch unseligerweise in die Glut.

Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: vom Regen in die Traufe kommen

 

2) Non capirci un’acca  
 

Wortwörtlich: nicht mal [den Buchstaben] H verstehen
Bedeutung: mit etwas nichts anfangen können, von einem Thema nichts verstehen
Ursprung: Im Italienischen ist das H gänzlich stumm, trotz der Abstammung vom Lateinischen mit seiner Aussprache als Hauchlaut. Seine Funktion reduziert sich auf die Schriftsprache, zur Kennzeichnung mancher Formen des Verbs avere (haben) sowie der harten Aussprache von Konsonanten wie g[h] und c[h]. Gesprochen wird das H jedoch nie! Es gilt als „leerer“ Buchstabe. Nicht mal H zu verstehen, bedeutet also, nichts zu verstehen.

Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: das sind mir böhmische Dörfer

 

3) Mettere nel dimenticatoio


Wortwörtlich: dem Ort des Vergessens überlassen
Bedeutung: Eine Sache oder Angelegenheit als verloren betrachten, da keine Hoffnung mehr auf Erfolg oder Fortführung besteht, es also zu vergessen ist.
Ursprung: Durch die Wortendung -toio wird aus einem Verb ein Ort, an dem eine bestimmte Handlung stattfindet, zum Beispiel lavare – lavatoio (waschen – Waschraum), abbeverare – abbeveratoio (tränken – Tränke), frantumare – frantoio (zerkleinern – Ölmühle). Dimenticatoio meint auf scherzhafte Art den Teil des Gehirns, der wohl als Aufbewahrungsort für vergessene Dinge dient.
Idiomatisches Äquivalent auf
Deutsch: etwas in den Schornstein schreiben

 

4) Saltare di palo in frasca


Wortwörtlich: vom Pfahl zum Zweig springen
Bedeutung: vom Thema abschweifen, sich verzetteln
Ursprung: Das könnte bei Vögeln abgeschaut sein, für die es typisch ist, kurz aufzuflattern und mal hier und mal dort zu landen. Eine andere Theorie beruft sich auf die Heraldik mit dem Pfahl als Symbol für ein Adelsgeschlecht und dem Zweig als Symbol für ein Wirtshaus: Vom Pfahl zum Zweig zu springen, bedeutet also, gänzlich den Kontext zu wechseln.
Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: vom Hundertsten ins Tausendste kommen

 

5) Essere nei pasticci


Wortwörtlich: in der Pastete stecken
Bedeutung: in Schwierigkeiten sein, sich in einer chaotischen und unübersichtlichen Situation befinden
Ursprung: Eine Pastete ist ein Gericht, in dem viele verschiedene Zutaten zusammengemischt werden. Das deutet daher auf ein gewisses Durcheinander hin, eine unübersichtliche und gewissermaßen klebrige Masse, aus der man schlecht wieder heraus findet.
Idiomatisches Äquivalent auf
Deutsch: in der Tinte sitzen

 

6) Tagliare la corda


Wortwörtlich: das Seil durchtrennen
Bedeutung: einen Ort plötzlich und schnell verlassen, zumeist heimlich
Ursprung: Das könnte auf den Wortschatz antiker Seefahrer zurückgehen, die das Ablegen „incidere funes“ nannten – gemäß dem einst üblichen Durchtrennen der Seile, das in Notfällen noch immer praktiziert wird. Eine andere Herleitung blickt auf Gefangene, Sklaven oder Tiere, die fliehen konnten, indem sie sich von ihren Fesseln befreiten.
Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: sich aus dem Staub machen

 

8) Non sapere a che santo votarsi


Wortwörtlich: nicht wissen, welchem Heiligen man sich weihen soll
Bedeutung: nicht mehr weiterwissen, ein Problem nicht lösen können
Ursprung: Es gehört zu den katholischen Ritualen, sich in schwierigen Momenten an einen Heiligen oder eine Heilige zu wenden und um Hilfe zu bitten. Man legt ein Gelübde ab, mit dem man im Gegenzug für Hilfe etwas verspricht. Schutzheilige gibt es für die verschiedensten Kategorien von Personen oder Situationen. Wenn nicht einmal klar ist, welchen Heiligen man um Hilfe ersuchen könnte, steckt man in einer überaus verzweifelten Lage.
Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: mit seinem Latein am Ende sein

 

9) Darsi la zappa sui piedi

 

Wortwörtlich: sich die Hacke auf die Füße hauen
Bedeutung: sich selbst in eine unangenehme oder schlechte Lage bringen, sich selbst schaden
Ursprung: Das beschreibt einen Bauern, der aus Unachtsamkeit, Müdigkeit oder Gereiztheit versehentlich die Hacke auf die eigenen Füße statt in den Boden haut.
Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: sich ins eigene Fleisch schneiden

 

10) Perdere le staffe

 

Wortwörtlich: aus dem Steigbügel rutschen
Bedeutung: wütend werde, aufbrausen
Ursprung: Im Original meint der Ausdruck einen Reiter, der aus den Steigbügeln rutscht, sein Gleichgewicht und damit die Kontrolle verliert und einen verheerenden Sturz riskiert.
Idiomatisches Äquivalent auf Deutsch: an die Decke gehen

 

 

Diese kleine Sammlung anzulegen, die Herkunft zu ergründen und Entsprechungen auf Deutsch zu suchen, hat mir viel Vergnügen bereitet.

 

Und für die Fortsetzung habe ich schon eine Idee!

Apropos, haben Sie bemerkt, dass sich im Text noch drei weitere Redewendungen verbergen?

 

Haben Sie ein Übersetzungsprojekt ins Italienische?
Erzählen Sie mir davon: francesca@parenti-uebersetzungen.de

 

Mai 2024 - Alle Rechte vorbehalten

 

Francesca Parenti
Ich arbeite täglich mit der Sprache und schreibe gerne.

Wenn ich ein interessantes Thema begegne (und auch noch ein bisschen Zeit übrig habe!), vertiefe es gerne und schreibe dann meine Überlegungen.
Druckversion | Sitemap
© Parenti Übersetzungen

Privacy Policy
Datenschutzerklärung

Alle Rechte vorbehalten | Tutti i diritti riservati